Seit vielen Jahren veranstaltet das Team des Landesstützpunktes Segelflug (neu: Luftsport) zu Beginn des Jahres ein Streckenflugseminar. Seit Corona findet dieses Seminar, wie alle Veranstaltungen, in digitaler Form statt. Und dabei ist es geblieben. Das digitale Format wurde zum neuen Standard für Veranstaltungen mit Vortragscharakter. Die Nachfrage nach einer Präsenzveranstaltung war gering, vor allem bei der jüngeren Generation. Weniger Ansteckungsgefahr im Winter, Umweltschutz, zeitliche Flexibilität, keine Kosten sind die offensichtlichen Vorteile für die Teilnehmer der Online-Veranstaltung.
Auch wir Trainer sahen darin über mehrere Jahre eine gute Möglichkeit, eine größere Reichweite zu bieten und wir konnten viel tolles Online-Material sammeln, das weiterhin auf unserer Website zur Verfügung steht und hoffentlich noch viele Piloten auf ihrem Weg unterstützen kann.
Ende letzten Jahres haben wir jedoch beschlossen, dass es so nicht weitergehen kann. Für die Referenten hat die Online-Veranstaltung den großen Nachteil, dass wir wenig Feedback bekommen und somit in unserer eigenen Wissensblase leben. Wir wissen nicht, ob die Inhalte ankommen. Wir haben keine Flexibilität und wissen nicht, ob wir etwas vertiefen müssen, ob wir etwas noch einmal anders erklären müssen etc. Wir kommen nicht in den Austausch und können so unser Wissen nicht erweitern.
Eine wesentliche Aufgabe des vom Landessportbund finanzierten Landesstützpunktes ist die Talentsichtung und -findung. Nur im persönlichen Kontakt können wir unsere Talente richtig kennenlernen, einschätzen und entsprechend fördern.
Daher haben wir uns für eine Präsenzveranstaltung entschieden und das Format entsprechend angepasst. Es sollte ein Format sein, das individuell auf die interessierten Teilnehmer eingeht und interaktiv ist. Wenn wir schon eine Präsenzveranstaltung machen, dann sollte diese für die Teilnehmer sehr interessant sein und ihnen die Möglichkeit geben, den größtmöglichen Nutzen für sich daraus zu ziehen. Wir haben uns für ein interaktives Workshop-Format entschieden, in dem wir gemeinsam mit den Teilnehmern Themen erarbeiten und gestalten wollten.
Zunächst hatten wir große Sorge, nicht genügend Teilnehmer zusammen zu bekommen, da wir den fliegerischen Nachwuchs in den letzten Jahren nicht so gut erreicht haben. Die ersten Umfragen ergaben aber schnell die notwendige Mindestteilnehmerzahl, so dass die Vorbereitungen beginnen konnten. Erfreulicherweise konnten wir im Laufe der recht kurzfristigen Vorbereitungen die maximale Teilnehmerzahl erreichen. Dazu hat vor allem die persönliche Ansprache beigetragen.
Wir sahen viele junge, unbekannte Gesichter aus dem nahen und fernen Land Brandenburg, was uns sehr freute, da man gerade bei Segelflugveranstaltungen einen Großteil des Publikums meist schon kennt.
Neben der obligatorischen Vorstellung des Landesstützpunktes und dessen Aktivitäten diente eine Vorstellungsrunde dem gegenseitigen Kennenlernen.
Zuerst wurden die Gruppen Frauen/Männer aufgeteilt und die Themen Flugvorbereitung Körper/Psyche & Stress behandelt. Dabei wurde neben einem allgemeinen Teil (körperliche und mentale Vorbereitung, was kann man während des Fluges zur Beruhigung tun, Essen & Trinken) auch auf die geschlechtsspezifischen Besonderheiten (wie geht Mann/Frau zur Toilette, Kraft, Hormonhaushalt…) eingegangen und es fand ein reger Austausch statt. Insbesondere die Frauen fanden diesen spezifischen Austausch auch gut, da sie in ihren Vereinen oft keinen gleichgeschlechtlichen Partner zum Erfahrungsaustausch haben.
Danach wurden die Gruppen in erfahrene und unerfahrene Piloten aufgeteilt. Während sich die erfahrenen Piloten mit Themen der Flugvorbereitung für große Flüge/Wettbewerbe beschäftigten, blieben die Anfänger bei den Grundlagen der Flugvorbereitung: Was packe ich überhaupt ein und was sind meine vorbereitenden Aufgaben für einen Streckenflug?

Es folgte ein interaktiver Vortrag von Rolf Engelhardt zum Thema Außenlandungen. Diese sind vor allem bei unerfahrenen Piloten ein wichtiges Thema und sorgen bei vielen Piloten für innere Unruhe. Am Ende des Vortrages waren alle gut informiert und sicherer im Umgang mit diesem Thema, aber auch hungrig. Es folgte eine ausreichende Versorgung mit Brötchen und Kuchen, bevor es weiter ging und die Gruppen wieder nach Erfahrenen und Unerfahrenen aufgeteilt wurden.
Bei Herbert Horbrügger konnten beide Gruppen in jeweils zwei Blöcken viel zum Thema Flugoptimierung lernen. Die erfahrenen Piloten beschäftigten sich mit der Theorie der Optimierung – wo fliege ich am besten lang und wie schnell. Während die unerfahrenen Piloten lernen konnten, wie sie überhaupt erst einmal losfliegen, sicher zurückkommen und zwischendurch auch mal etwas schneller werden können als bisher.
Beim jeweiligen Wechsel der Gruppen konnte Stützpunktleiterin Sarah Regente die Teilnehmer mit dem Thema Meteorologie erfreuen. In beiden Gruppen ging es in unterschiedlich fachlicher Tiefe um den Aufbau der Thermik und die Nutzung meteorologischer Hilfsmittel zur Flugplanung.
Abschließend fand ein Austausch über die gesammelten Erkenntnisse und Eindrücke des Workshops statt. Beim gemeinsamen Pizzaessen klang der Tag gemütlich aus und es wurde noch viel gefachsimpelt, Pläne geschmiedet und sogar Rückholer für Wettbewerbe gefunden.
Das Feedback der Teilnehmer war sehr positiv. Für uns als Trainer war es eine sehr positive Veranstaltung, auf der wir für die weitere Nachwuchsförderung aufbauen können. Wir Trainer haben auch unsere Erfahrungen machen können und werden beim nächsten Workshop weniger Themen, dafür aber intensiver behandeln. Es war für alle ein schöner und lehrreicher Tag und wir haben viele neue tolle Bekanntschaften machen können. Live ist manchmal doch besser.
Rolf, Herbert & Sarah